Nachdem ich gestern die Frage zu Babylon belustigend fand, hielt ich es für eine gute Idee einen Artikel auszugraben, den wir damals in einem kleinen Printmagazin veröffentlichten.
Seit geraumer Zeit liegt man „im Trend“, wenn man sich über Babylon und seine Herrschaft beklagt, Feuer und Schwefel und den Sturz dieses Reiches zu wünschen. Doch wie entstand diese Bezeichnung, die nun nicht mehr nur die Stadt Babel und das babylonische Reich zu Bibelzeiten meint? In der Bibel selbst steht, dass die Herkunft und Bedeutung dieses Namens nicht völlig geklärt ist. Von den Babyloniern wurde er als „Tor Gottes“ gedeutet, in Israel von dem hebräischen Wort für „Verwirrung“ abgeleitet (1.Moses 11 Der Turmbau zu Babel).
Historische Erklärung
Im 2. Jahrtausend v. Chr. wurde die Stadt Babel am Euphrat zum Herrschaftszentrum des vorderen Orients. Ihr Einfluss endete erst im 2. Jahrhundert vor Christus. Im Neuen Testament wird der Name als Deckbezeichnung für die römische Weltmacht und ihre Hauptstadt Rom verwendet (1. Petr. 5,13 – vgl. Offenbarung 18: Der Untergang Babylons). Vergleichspunkt ist die Feindschaft gegen das Gottesvolk: Der römische Kaiser lässt die Christen verfolgen; die Babylonier haben Jerusalem zerstört und einen Teil des Volkes in die Verbannung geführt.
Babylonien ist das Schwemmland um den Euphrat und Tigris bis zur Höhe des heutigen Bagdad (Mesopotamien) gewesen. Zuerst ist diese Gegend vermutlich im 5.Jahrtausend v. Chr. besiedelt worden. In der Bibel spielt eine besondere Rolle das neu-babylonische Reich, dessen Herrscher Nebukadnezar (604-562 v. Chr.) Juda besiegte. Er ließ Jerusalem zerstören und die Oberschicht des Landes nach Babylonien deportieren. Dies kann man der Lutherbibel entnehmen, während die katholische Bibelübersetzung nur sehr kurz und knapp darauf eingeht, dafür aber mehr Textstellen anführt, die sich auf Babylon, Babel und die babylonische Gefangenschaft beziehen. Wenn man es mal anders sieht, so war Babylon durch den letzten Irak Krieg schon am Brennen, nur, dass dies wahrscheinlich in keinem Bezug zu den „Babylon“-Bezeichnungen der ersten Christen und Rastafarians steht. Eine Folge der Sprachverwirrung?
Die „Sprachverwirrungs“-Episode sollte man sich jedoch mal genauer ansehen, denn im Hebräischen steht laut Sprachforschern und Judaic-Experten das Wort „Herr“ für Adon(ai), welcher auch als Titel für hochrangige, höher gestellte Leute, also Menschen war, und das Wort „HERR“, sinngemäß stehend für YHWH (Yahwe), also Gott. Wie sonst sollte der Psalm 110:1 erklärt sein, den David spricht:
Der HERR sagte zu meinem Herrn, setzte dich zu meiner Rechten, bis ich deine Feinde zum Schemel deiner Füße mache.
Also YHWH sagte zu meinem Adon….., kann wohl nicht bedeuten, dass Gott zu Davids Gott sprach, der er selbst war. (Wer der Herr David´s, des König von Israel war, ist an anderer Stelle zu klären.) Jetzt liest man die Stelle der babylonischen Sprachverwirrung und wundert sich, wenn man die Katholische Bibel ansieht, die in diesem Abschnitt das Wort „Herr“ klein schreibt, während die evangelische es groß schreibt.
Es müsste also die Hebräische Originalversion für die Katholiken „Adon(ai)“ geschrieben stehen, und für die Evangelischen „YHWH“, was nicht sein kann, denn dann haben die Katholiken eine andere Version vorliegen und nehmen nun den paradoxen Zustand eines Selbstgespräche führenden Gottes an, der zu sich selbst sagt, er würde sich seine Feinde zum Schemel machen, denn an dieser Stelle steht in der katholischen Übersetzung das Wort „Herr“ wieder klein, für YHWH und Adon. Das würde bedeuten, dass die Katholiken mir nichts dir nichts einen Menschen mit einem hohen Titel zum Gott machen, durch, man merke auf, eine Sprachverwirrung durch Uminterpretation.
Was hier nicht heißen soll, dass diese Stelle aus dem Buch Mose nicht trotzdem Fragen aufwirft. Denn wenn die evangelische Übersetzung scheinbar sich eher mit den Hebräischen Spracheigenheiten befasst, dann war es tatsächlich YHWH, der diese Sprachverwirrung anberaumt hat. Angeblich, weil er den Ehrgeiz und die Bestrebungen der Babylonier, sich „gottgleich“ zu machen durch einen Turmbau, nicht dulden konnte. Also sprechen die Völker seither verschiedene Sprachen. Laut Bibel. Da heißt es aber auch, der HERR hätte gesprochen: „Siehe, es ist einerlei Volk und einerlei Sprache unter ihnen alle, und dies ist der Anfang ihres Tuns, nun wird ihnen nichts mehr verwehrt werden können von allem , was sie sich vorgenommen haben zu tun.“ Worauf er eben kurz drauf die Sprachen verwirrte, die Leute zerstreute in alle Länder, so dass sie aufhören mussten die Stadt zu bauen.
Jetzt gibt es verschiedene Sichtweisen zu „Ein Volk, eine Sprache“, aus der „eine Art zu leben“ und „ein Schicksal“, wird. Denn sieht man es vom RastafarI Standpunkt aus, ist „One Love, One Heart, One Destiny“ (Eine Liebe, ein Herz, ein Schicksal) eine der „Redewendungen“, die eine Verbundenheit und einen Zusammenhalt der Menschen untereinander sieht, durch den auch Dinge bewegt werden können. Sieht man es von der Babylon-Warte aus, wie wir es heute bezeichnen, ist von „Einer Weltordnung“, der Globalisierung und der „Gleichmachung“ aller Menschen die Rede, was auch eine Ent-Individualisierung bedeutet. Doch nur das Individuum kann Gott für sich finden. Also steht man eigentlich wie der sprichwörtliche „Ochs vorm Berg“ wenn man sich weitergehend informiert und erliegt genau an der Stelle, an der von einer Sprachverwirrung die Rede ist, fast selbiger.
Aber dafür schaut man doch mal die Roots des Christentums durch, welches nämlich das Judentum ist, und merkt, dass deren Sprache, das Hebräisch, nicht kurz mal ungefähr übersetzt werden kann. Und glaubt man dann der Bibel, vergeht nicht ein Jota des Gesetzes (der Thora, das alte Testament) bis sich die Schrift erfüllt hat. Kann sich aber in der uns bekannten Bibel etwas erfüllen, das so gar nicht da steht? Das sind jedoch Studien, die mehrere Bücher füllen und dem Interessierten ein intensiveres Auseinandersetzen mit der Bibel und deren verschiedenen Auslegungen bescheren.
Das heutige Babylon
Wir wollen uns dem Begriff „Babylon“ von der universellen Sichtweise nähern, wo er für das gesamte auf materiellen Reichtum, Unterdrückung und Ausbeutung der Schöpfung basierende, technologische, künstliche Schauspieler-System steht, das dem Schein statt dem Sein hinterher rennt. Seit geraumer Zeit nimmt diese Rolle, zumindest für viele Europäer, die amerikanische Weltmacht ein, in unserem Verständnis für Babylon in seiner jüngsten Ausdrucksform. Die Rastafarians sehen jedoch Rom immer noch als Zentrum der Macht, da hier das „verfälschte“ bzw. uminterpretierte Christentum herrscht und sich von da aus in alle Länder ausbreitete, die damit vorher nichts am Hut hatten.
Babylon existiert in den Köpfen der Menschen. Babylon ist Sinnbild für intelligenzverblendete Blödheit. Für überflüssiges, nicht im Dienste seiner Mitmenschen stehendes Sein. Für unbewusstes, keinen Sinn findendes, oberflächliches und zu sehr auf das Ego mit seinem Verstand bezogenes Sein. Dem Mammon dienend. Immer Versuchungen erlegen und meinend, man könnte Gott austricksen.
Wissenschaftler finden jedes Jahr wieder etwas „Neues“ heraus, was die Altvordersten schon vor Abertausend Jahren wussten, auch wenn sie es anders benannten und an sich anders erfuhren um es in ihrer Bildersprache weiter zu geben. Babylon als Sinnbild von „Nichtglauben“ weil „Nichtwissen“ im spirituellen Sinne. Auch wenn die Menschheit schon vor Jahrmillionen damit gut gelebt und es funktioniert hat, kann man es noch nicht glauben, wenn man es nicht selbst berechnet, gemessen, erfasst und ausgewertet hat. Und dabei lügen sich Einige immer wieder selbst in die Tasche, weil sie feststellen müssen, dass morgen ihre heute gefundene Theorie schon wieder hinfällig sein kann. Denn auch wer wissenschaftliche und/oder mystische Einsichten gewinnt, sieht sich bald einer Grenze seines eingeschränkt wirkenden Geistes in dieser Welt nahe, wenn es um das größte Mysterium an sich geht, den Schöpfer allen Seins, der selbst ist, der er ist.
So ist Babylon auch Sinnbild des Wissens vom Hörensagen, aus Büchern und aus dem Fernsehen. Man lebt nicht mehr, man wird gelebt. Die Babylonier wissen sehr viel und doch nichts. Denn die Erfahrbarkeit wird nun anders kanalisiert. Es müssen immer mehr Extremsportarten ausprobiert werden. Also ist er eigentlich noch vorhanden, dieser Drang nach Leben. Man kann wohl den Wert des Lebens erst im Angesicht des Todes erfahren?!
Aber RastafarI steht für das Leben, steht für die Liebe, die Spiritualität, für konstruktives Miteinander durch Respekt vor dem Schöpfer, der Schöpfung und dem Individuum. Daher ist jemand, der Babylon dient, jemand, der dem Tod dient. Destruktion und Ausbeutung. Entzweien und Regieren. Minimieren und ein Scheinsoll schaffen. Virtuelles Weltenbummeln. Verführungen bei gleichzeitiger Pseudo-Moral. Und wer die Augen und Ohren offen hat, kann die Liste hier beliebig erweitern. Nie sollte man jedoch vergessen bei sich selbst anzufangen, bevor man einen Krampf im Zeigefinger bekommt. Denn Babylon existiert in jedem Kopf, der es zulässt. Daher muss Babylon erst mal geistig brennen, die Mauern, die alle Sicht auf das Wesentliche versperren, eingerissen werden und der Turm, der eine Anhäufung aller Leidenschaften und Eingebildetheiten ist, aufgelöst werden. Der Tag dafür ist immer wieder heute!
krass!!
sehr gut geschrieben, danke!