Leichtathletik WM Berlin 2009. Gestern abend war es soweit. Das Finale über 800 Meter der Frauen stand auf dem Programm. Leichtathletinnen an sich sind von Natur aus sehr durchtrainiert und muskulös, abhängig von der Disziplin mehr oder weniger.
Die Läuferinnen werden im Stadion begrüßt, jede einzeln vorgestellt. Als die Kamera zur Südafrikanerin Caster Semenya schwenkte machte der Reporter sofort darauf aufmerksam, dass bei ihr ein „Geschlechtstest“ ansteht, bei dem überprüft werden soll, ob sie tatsächlich eine Frau ist. Sie habe ihre persönliche Bestzeit im letzten Jahr um satte 9 Sekunden verbessert, und das mit 18 Jahren. Die Dopingkontrolle verlief negativ. Daraufhin entschied sich der Weltverband IAAF zum Geschlechtstest. Bei diesem langwierigen Test wird die Chromosomenkonstellation der Athletin überprüft.
XX = Frau
XY = Mann
Päääännggg! Der Startschuss ist gefallen. Die Titelverteidigerin Janeth Jepkosgei aus Kenia versucht Tempo zu machen. Unglaubliche erste Runde. Die Südafrikanerin dahinter. Sieht irgendwie leicht gelangweilt aus. Nach knapp 600 Metern geht´s so richtig los. Caster Semenya schaltet in der letzten Kueve kurz den Turbo ein und ist innerhalb von 50 Metern allen anderen davongelaufen. In neuer Jahres-Weltbestzeit von 1:55,45 Minuten überquert sie die Ziellinie. Dahinter noch ein heisser Kampf um die Plätze. Janeth Jepkosgei wird Zweite (1:57,90 min) vor der Britin Jennifer Meadows (1:57,93 min).
Vermutlich fragten sich viele, ob diese Leistung mit rechten Dingen zuging. Es wäre nicht das erste Mal, dass ein Mann bei einem Frauenwettbewerb antritt. Ob bewusst oder unbewusst sei dahingestellt.
Denn nicht immer steht ein bewusster Betrug dahiner. Bei den Olympischen Spielen 1996 in Atlanta wurden bei sieben von acht untersuchten Athletinnen Y-Chromosomen festgestellt. Trotz XY Konstellation sind sie Frauen, da ihr Körper nicht auf das produzierte Testosteron reagiert. Folglich wurden sie nicht disqualifiziert, da sie unter dem Androgen Insuffizienz Syndrom (AIS) litten.
Man darf gespannt sein was das Ergebnis des Geschlechtstests im Fall Caster Semenya betrifft. Somit sollten wir also nicht vorverurteilen, sondern die Untersuchung abwarten.
Nichts ist so schlimm wie Halbwissen. Das ist ein Zitat, aber leider verhindert mein eigenes Halbwissen die Preisgabe des Urhebers.
Das Halbwissen, dass du in deinem Artikel hier darbietest, kann ich aber immerhin um ein Quäntchen Mehrwissen erweitern. Das XX nicht immer gleich „Frau“ und XY ebensowenig automatisch „Mann“ bedeutet, hast du ja schon selber festgestellt. Falsch ist allerdings, dass Intersexuelle, die einen XY-Status und gleichzeitig AIS haben (nicht „erleiden“, sondern haben), generell „Frauen“ sind (was immer eine „Frau“ oder ein „Mann“ ohnehin ist …). Richtig wäre, die Personen nach ihrem eigenen Empfinden zu fragen. Sexuelle Identität läßt sich nämlich nicht ausschließlich über biologische Determinanten definieren.
Wer mehr über das Thema wissen möchte, kann entweder das sehr unterhaltsame, dabei aber aufschlußreiche Buch „Middlesex“ von Jeffrey Eugenides lesen. Oder sich einfach mal online informieren, z.B. hier: http://www.intersexuelle-menschen.net/
Danke für deinen Kommentar. Ich freue mich immer, wenn aus vielen Halbwissenden ein gemeinsames Wissen entsteht. Komplett wird dieses Wissen wohl nie werden, aber der Weg ist das Ziel, oder? Danke für deinen Hinweis und das Teilen deines Wissens.