Eine Infografik führte auf Twitter zu einem durchaus interessanten Austausch. Diesen Kommunikationswechsel mit einer Tageszeitung möchte ich heute etwas näher betrachten. Die Aussagekraft der Infografik wurde angezweifelt, da die Redaktion angeblich unglaublich viele Tweets am 30.09.2010 abgesetzt habe.
Die Krux der Automatismen
Relativ schnell klärte sich auf, dass besagte Zeitung einige Artikel auf ihrem „Online-Angebot“ veröffentlichte und diese dann auf Twitter verlinkte. Der Prozess war selbstredend automatisiert. Dennoch wäre das automatisierte Veröffentlichen von Tweets wäre akzeptabel gewesen, wenn die Zeitung eine rege Aktivität auf Twitter hätte erkennen lassen. Fehlanzeige. Twitter wurde lediglich als Rücklaufkanal verwendet. Niemand antwortete auf eine @Message. Das ist erschreckend. Hootsuite, Tweetdeck, Fehlanzeige.
Die Problematik: Durch das automatisierte Veröffentlichen wurde der betreffende Hashtag #S21 nicht im Tweet verwendet. Der Tweet ging hinaus in die Echokammer der Follower. Das ist möglicherweise nicht wenig. Dennoch hat man sich durch diese Vorgehensweise der unglaublichen Chance beraubt neue Leser zu gewinnen. Die Mehrheit der Interessierten verfolgte bei Twitter den Hashtag #S21. Folglich lautete meine Antwort auf die Kritik: Kein Hashtag, keine Berücksichtigung bei der Auswertung der Infografik.
Automatismen als Abfallprodukt?
Wenn man sich in die Lage solcher Tageszeitungen versetzt ist das Vorgehen nachvollziehbar. Mit möglichst wenig Arbeitsaufwand möglichst viele Besucher auf die eigene Seite zu ziehen, gerade zu einer Zeit, in der sich die Besucherströme rasant ändern. War früher Google Besucherlieferant Nummer 1, so hat sich dies durch Facebook und Twitter zusehends verändert. Jetzt kommt noch Google+ hinzu, das die meisten aus meiner Sicht fälschlicherweise als Facebook Konkurrent einstufen. Sogar Facebook selbst, das gestern durch die Ankündigung von Videochat mit Skype, Instant Chat etc. konterte. Entschuldigung ich schweife ab, das ist ein Lobo Thema.
Hier im Blog kommen inzwischen ca. 15-20% der Besucher über Facebook. Besagte Tageszeitung erkennt zwar das Potential, aber nicht die Funktionsweise und Sinnhaftigkeit der unterschiedlichen sozialen Plattformen. Stattdessen werden die sozialen Plattformen wie Abfallprodukte zum „Linkschleudern“ missbraucht. Wie oft habe ich mir gewünscht, dass ein erfahrener Journalist einer Stuttgarter Tageszeitung live vom Ort des Geschehens twittert. Tweets mit journalistischem Know How dahinter. Statt dessen bekommt man gelegentlich Vorwürfe, dass man selbst nur Stimmungsmache betreibe, ohne jegliche journalistische Grundlage. Stimmt, dies kann ich sofort unterschreiben. Ich habe keinerlei Ahnung von Journalismus.
Journalismus vs Blogger
Die Debatte ist so alt, die dürfte inzwischen so einen Bart haben:
Natürlich könnte man die Diskussion sehr schnell unter einem egobehafteten Schlumptum abtun. Für mich jedenfalls funktioniert die Koexistenz von klassischen Medien und z.B. Blogs ganz gut, denn meist lese ich tatsächlich nur in Blogs;) Witz zur Seite geschoben ist das wirklich Spannende, wie sich der Informationsfluss im digitalen Zeitalter verändert. Einer der spannendsten Aspekte am Netz überhaupt. Wie Tageszeitungen diesen Informationsfluss ihrerseits für sich beeinflussbar halten ist fraglich. Denn das ist die Denke von gestern. Das Ziel aller sollte der Informationsfluss an sich sein, der auf seinen Wahrheitsgehalt überprüft werden sollte. Vor allem von denjenigen, die journalistische Erfahrung besitzen.
Hinweis: Dieser Artikel ist nicht verallgemeinerbar.