In Stuttgart werden immer häufiger die Stimmen nach Toleranz und Respekt laut. Für sich genommen ein guter Ansatz. Doch betrachtet man die Situation näher stellt man fest, dass hinter dem Riss durch die Bevölkerung ein viel tieferliegendes Problem versteckt liegt. Wenn man ganz weit gräbt kann man diese Stimmen hören. Diese erzählen von Zukunftsängsten und Sorgen, von anderen Weltanschauungen und einem anderen Verständnis von Erziehung. Von einer Politikmüdigkeit und dem Umbruch innerhalb der Gesellschaft.
Zwei Fronten, zwei Welten
Auf der einen Seite die immer „Hörigen“, auf der anderen Seite die „Rebellen“, die nach einer Veränderung streben, beide fest im Glauben in der Sache Recht zu haben. Recht ist eines der Grundübel innerhalb dieser ganzen Auseinandersetzung, denn „Recht haben“ und „Recht bekommen“ sind zwei unterschiedliche Socken, von denen einer mehr stinkt als der andere. Die Wahrheit, sollte es eine geben, liegt in der Mitte beider verhärteten Fronten. Dieser Umstand wird aber schwierig zu beleuchten sein, denn die Hauptakteure beschränken sich hauptsächlich durch polemische Reden darauf, das Recht auf Ihrer Seite zu haben. Manchmal wird sogar Gottes Segen für das Pochen aufs eigene Recht bemüht. So geschehen bei dem begnadeten Redner Schmiedel von der SPD, der am Samstag, 27.08.2011, einen ganz großen Tag erwischt hat:
Ihr Gott ist nicht mein Gott!
Fast schäme ich mich dafür, dass ich auf so einen Humbug auch noch eine Erwiderung schreibe, aber lieber Herr Schmiedel: Ihr Gott ist nicht mein Gott! Bestimmt auch nicht der Gott der meisten Menschen, die Ihnen zugehört haben. Bei dieser Einstellung möchte ich nicht wissen, was bei Herrn Schmiedel noch alles Gottes Segen besitzt. Sein Haus, seine Wohnung, sein Geldbeutel, sein Telefon, seine Goldcard, seine Aktien, seine Gehaltsabrechnung, sein Rentenanspruch, seine private Krankenversicherung, seine Banken… Die Liste ist endlos. Falls Schmiedel irgendwann vor dem jüngsten Gericht steht und um Einlass bittet wird er sich wohl zu seiner eigenen Entlastung auf Matthäus 5,3 berufen:
Selig sind, die da geistlich arm sind; denn das Himmelreich ist ihr.
Der bevorstehende Gesellschaftskollaps
Der Protest Pro und Kontra Stuttgart 21 ist die offene Darlegung des bevorstehenden Gesellschaftskollaps. Die Mittelschicht, die früher als Stütze unseres Landes hochgepriesen wurde zerfällt zusehends. Und das nicht erst seit gestern. Deswegen werden der CDU und anderen Parteien, die diesen Umstand einfach ignorieren auch zukünftig weiter die Wähler abhanden kommen. Natürlich werden die politisch Verantwortlichen in bester TV-Manier andere Gründe für die prozentualen Einbußen zu bemühen. Die FDP wird in Berlin hoffentlich den Anfang machen. Und alle dürfen medial dabei sein, wenn Politiker der FDP von einer Neufindung ihrer Partei sprechen werden. Sicherlich wird der Standardsatz auch dann fallen: „Das ist eine herbe Niederlage für uns. Wir brauchen erstmal ein paar Tage, um diese erdrutschartigen Verluste zu verdauen. Dann müssen wir sehen, wie wir uns für die Zukunft neu aufstellen werden.“
Doch von Berlin zurück nach Stuttgart. Angst ist kein guter Berater. Doch viele Menschen treibt eine Angst um, die nicht genauer definierbar ist. Was passiert mit mir in den nächsten Jahrzehnten. Was mit meinen Kindern. Die Politik versteht es gewisse Horrorszenarien zu schüren. Zum Beispiel das der privaten Altersvorsorge. Sicherlich ist diese vielleicht nötig, doch macht sie einem Großteil der Menschen auch Angst. Den Menschen, die monatlich nicht 100,- oder 200,- Euro für eine private Altersvorsorge zur Seite legen können. Den Menschen, die momentan noch die angebliche Mittelschicht sind. Eventuell ist dies auch ein Grund an Bewährtem festhalten zu wollen. Das Geld sitzt bei den meisten Menschen nicht mehr so locker in der Tasche wie vielleicht noch vor einigen Jahren/Jahrzehnten. Trifft dieser Umstand auf ein Bahnhofsprojekt in Milliardenhöhe folgt folgerichtig ein emotionaler Widerspruch. Wie kann es sein, dass die da Milliarden vergraben, während uns jeden Monat höhere Lebenskosten erwarten? Wie kann es sein, dass nicht mal genau feststeht, wie viele Milliarden das Projekt am Ende kosten wird, während einige Kinder in ihrer Schule nicht mal mehr aufs Klo gehen können, weil das Geld für die Sanierung fehlt?
Natürlich sind genannte Fragen vielleicht kurzsichtig gedacht, aber Menschen leben nun mal nicht in der Zukunft, sondern im Jetzt. Wie abstrakt ist die Vorstellung in 10-15 Jahren einen neuen Bahnhof zu haben? Wie wichtig hingegen erscheint das Argument, dass man heute und jetzt gut von dem Geld, für das man arbeiten geht, leben kann? Ein neuer Bahnhof interessiert keinen, wenn Menschen sich die Frage stellen, ob sie sich in 10-15 Jahren überhaupt noch die Fahrkarten für eine Bahnfahrt z.B. als Familie leisten können?
Pauschalisierungen haben natürlich ihre Grenzen, dennoch stelle ich eine Behauptung in den Raum, auf die ihr in den Kommentaren einschlagen könnt. Die Auseinandersetzung um den Stuttgarter Bahnhof ist der Beginn einer Auseinandersetzung zwischen wegbrechender „unterer und mittlerer Mittelschicht“ und „oberer Mittelschicht und Oberschicht“. Nicht in Gänze, aber doch in einem nicht zu unterschätzenden Anteil. Es ist der Vorbote, ein Warnsignal an die politisch Verantwortlichen, dass Menschen bereit sind, sich zu wehren. Für ihre Sache auf die Straße gehen. Wenn in den nächsten Jahren nicht gemeinsam an einem Weg der Gerechtigkeit gearbeitet wird, dann sehe ich in wenigen Jahren, vielleicht auch erst in einem Jahrzehnt, ganz andere Aufstände in diesem Land auf uns zukommen. Vielleicht bekommen wir dann unser England, oder unser Spanien. Und wieder werden alle fassungslos dastehen und behaupten man wäre von den Ereignissen komplett überrascht worden.
Die Auflösung bestehender Bewegungskreise
Um den Bogen zu schliessen. Natürlich bringt die Auseinandersetzung um einen Bahnhof auch Positives. Gegner und Befürworter erkennen sich an ihren Buttons und outen sich in der Öffentlichkeit. Dies führt unweigerlich dazu, dass einige denken, dem anderen ihre Meinung aufdrücken zu müssen. Da beschimpft ein Gegner einen Befürworter, ein Befürworter einen Gegner. Enorm wichtig, dass man seine Emotionen auch mal rauslassen kann. Da darf es gerne auch mal lauter werden. Eine gewisse menschliche Ader sollte man sich allerdings erhalten. Schimpfwörter sollte man meiden. Mein Gefühl sagt mir, dass man sich durch das Streitthema Bahnhof mit Menschen auseinandersetzen muss, mit denen man sonst niemals in Kontakt kommen würden. Ständig bewegen wir uns in unseren bekannten Kreisen. Zurecht. Denn, ein Befürworter möge mir widersprechen: im Grunde genommen hätten Befürworter und Gegner, lässt man den Bahnhof mal aussen vor, rein menschlich nichts gemeinsam. Auch da, entschuldigt, pauschalisiere ich. Nun muss man aber sehen, wie man zurechtkommt.
Wo man früher einem Kerl mit langen Haaren eher aus dem Weg gegangen ist setzt man sich heute mit ihm auseinander. Wo man früher an einem CDU Wähler, den man schon auf einen Kilometer Entfernung erkannt hat, dezent vorbeigelaufen wäre geht man heute direkt auf ihn zu und setzt sich mit ihm auseinander. Das kann man gut finden oder nicht. Aber es ist eine neue Erfahrung. Auf einmal sind alle Experten und kennen Stuttgart 21 aus der Westentasche. In Wahrheit verwenden die meisten in der Verbalschlacht aber nur die vorgefertigten Argumente aus Flyern und Aufklärungsversuchen der beiden zerstrittenen Bahnhofsparteien. Ja, ich gebe es offen und ehrlich zu: ich bin kein Eisebahnexperte. Natürlich kann ich die Argumente ebenfalls auswendig aufsagen, aber was hilft das? Emotionen dürfen als Argument nicht dienen. Schade, denn mein Gefühl sagt mir einfach, dass an dieser ganzen Bahnhofsgeschichte etwas stinkt! Und zwar gewaltig. Sei es, dass sich Entscheider finanziell bereichern, sei es die starke Verstrickung zwischen Wirtschaft und Politik. Aber damit darf man natürlich nicht auf die Straße gehen. Da lacht sich ein Befürworter eins ins Profäustchen. Man wird praktisch gezwungen, die vorgefertigten Argumente zu zücken. Fast wie Kinder, die Quartett spielen. 500.000.000 qm Parkerweiterung sticht! Deswegen ist und bleibt in Stuttgart alles beim alten.
Nun reicht euch endlich die Hände
Inzwischen gibt es diverse Stimmen, die sich Wünschen, dass man sich doch mal die Hände reichen möge. Jau, das könnte man schon machen, allerdings sollte man vorher zu der Person Kontakt gehabt haben. Man schüttelt doch nicht wildfremden Menschen einfach so die Hand, nur weil sie für einen Tiefbahnhof sind, oder? Vor allem vor dem Hintergrund, den ich oben geschrieben habe, der Annahme, dass Gegner und Befürworter in ihrem täglichen Leben nicht viel gemein haben. Man sollte zumindest ausschließen können, dass man einem Herrn Schmiedel die Hand schüttelt.
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Hallo Floyd,
ein schöner Artikel, weil er versöhnliche Züge trägt. Auch bei der allseits herrschenden diffusen Angst möchte ich Dir vollkommen Recht geben. Diese ist sehr deutlich spürbar, aber sie wird kaum artikuliert – und sie kulminiert darin, dass man auf diejenigen, die man auf der sozialen Leiter weiter unten sieht, besonders heftig eintritt. Solidarität schwinded zusehends.
Doch in einem Punkt möchte ich Dir widersprechen: dass die Auseinandersetzung eigentlich eine „Schicht“-Auseinandersetzung ist, wobei die Oberschicht für, die Mittelschicht gegen S21 ist. Die Begriffe „Mittelschicht“ werden ja mit dem Einkommen assoziiert und im politischen Raum sehr unterschiedlich definiert. Während für einen FDPler die Mittelschicht so ab 90.000€ Nettojahresgehalt anfängt, sieht sich der Facharbeiter mit seinen 22.000€ Nettojahreseinkommen ebenfalls zur Mittelschicht. Im Alltag würden die meisten Menschen auf die Frage hin, ob sie zur Mittelschicht gehören, mit einem klaren „JA“ antworten. Die Begriffe sind nicht trennscharf. Ich erlebe auch in der Befürworterbewegung viele Kleinbürger, Facharbeiter und nicht so gut verdienende Selbstständige, die massive Abstiegsängste haben. Und auf Befürworterseite erlebe ich umgekehrt viele großbürgerliche Gut- und Bestverdiener.
Ich glaubem der latente Konflikt entzündet sich an einer anderen Unterscheidung. Diese ist klar angstgetrieben, getrieben von Abstiegsängsten.Sie entzündet sich an der Frage wie der diffus wahrgenommene Abstieg, der uns in jeder Dimension (Ökologie/Soziales/Frieden) bedroht, am besten abgewendet werden kann. Gelten die Rezepte, die uns nach Ansicht der Konservativen bisher immer Wohlstand beschert haben (große Infrastrukturprojekte, Sparmaßnahmen, Steuersenkungen – um es mal überspitzt zu formulieren) oder brauchen wir eine andere Herangehensweise, die sich eher an Nachhaltigkeit orieniert, eine Suche nach Lösungen, die sich in noch keine Ideologie gießen lässt? Ich bin für letzteres und deshalb auch für K21 ;-)
Liebe Grüße
Der Andi
Hi Andi,
erstmal vielen Dank für deinen Kommentar. Allerdings muss ich dir einerseits zustimmen und widersprechen gleichermassen. Die Mittelschicht wird wie du sagst mit dem Einkommen assoziiert. Richtig ist aber auch, dass 90.000 EUR im Jahr definitiv nicht zur Mittelschicht zählen. Oben im Text findest du einen Link, wo das Gehaltsgefüge der Mittelschicht aufgelistet ist;)
Weiterhin habe ich noch etwas detaillierter differenziert: „die untere und mittlere Mittelschicht gegen die obere Mittelschicht und die Oberschicht“. Die Grenzen sind aber wie du sagst fliessend. Für mich war es einfach wichtig, diese Gedanken einmal festzuhalten. Denn natürlich gibt es keine Pauschalisierungen, aber was es gibt sind Tendenzen.
Wirklich ein sehr interessanter Kommentar, mit vielen Punkten die man unkommentiert lassen kann. Sie sind auf den Punkt gebracht und treffen meine Meinung nach genau so zu.
So denke auch ich, dass es letztlich bei vielen um weit mehr geht als nur um einen Bahnhof.
Reduziert man aber das Ganze mal auf einen Bahnhof herunter, dann möchte ich zumindest in einem Punkt widersprechen: „…Annahme, dass Gegner und Befürworter in ihrem täglichen Leben nicht viel gemein haben…“
Ich denke, es gibt auch genug Menschen, die aus welchen Gründen auch immer auf der einen oder anderen Seite stehen, wenn es um den Bahnhof geht. Deshalb aber daraus zu schließen, dass diese Menschen grundlegend verschieden ticken und sich im „normalen“ Leben nicht die Hand reichen würden ist ein Schluss, der eigentlich die Lage verschlimmert und das Schubladendenken fördert.
Können Sie sich vorstellen, dass es auch Menschen gibt, die eher den Grünen, der SPD zuzuordnen sind und trotzdem für den Bahnhof kämpfen? Ich (als S21-Befürworterin) habe in meinem Freundeskreis viele S21-Gegner und klar beim Thema Bahnhof gibt es auch mal Streitgespräche, aber am Ende haben wir es immer geschafft einen Punkt zu setzen. Man muss andere Meinungen akzeptieren können, auch wenn sie der eigenen widersprechen.
Die wenigsten sind Bahnexperten und wie Sie auch schreiben kennen die meisten (mich eingeschlossen) nicht immer jedes Detail. Wenn wir uns das alle zugestehen, dann können wir auch Händeschütteln und in Frieden auseinander gehen.
Vielleicht würden auch Befürworter gern so manche Dinge anders laufen sehen die in der Politik passieren? Vielleicht ist auch ein Befürworter auf einer Castordemo anzutreffen? Vielleicht ist der Geschäftsmann gegen den Bahnhof und lebt trotzdem glücklich in seiner Villa… Dies kann man endlos fortsetzen auf beiden Seiten und vielleicht sollten wir es auch in unseren Köpfen zulassen, dass nicht jeder in die Schublade passt in die wir ihn stecken wollen.
Für mich geht es um einen Bahnhof, eine Chance Stuttgart neu zu erschließen, ABER mein Leben geht auch weiter, wenn S21 nicht kommen sollte, ebenso wie es weitergehen wird, wenn weitergebaut wird. Manchmal habe ich das Gefühl bei dem ein oder anderen ist S21 so groß geworden, dass ein Leben ohne diesen Kampf kaum noch möglich scheint (egal welche Seite).
Ist es wirklich ein Weltuntergang wenn S21 fertiggestellt wird?
Kann es nicht doch sein, dass am Ende auch S21 bei allen eine Akzeptanz finden wird. Das Gleiche gilt auch für Kombi oder K21. In meinen Augen wäre es schade, wenn man S21 nicht baut, für mehr langt es aber nicht. Es geht eben doch am Ende nur um einen Bahnhof.
Keiner sagt, dass man nicht auch gegen die starke Verstrickung zwischen Wirtschaft und Politik, oder unlauterer finanzieller Bereicherung, oder gegen Ungerechtigkeit auf die Straße gehen kann.
Vielleicht war S21 der Anstoss aktiv an der Politik teilzunehmen, mitzugestalten usw. und daran ist nichts falsch und wird vielen nachfolgenden Generationen von Nutzen sein. Vielleicht hat man doch erreicht endlich Menschen wachzurütteln und zu zeigen, dass die Politik doch nicht alles allein machen kann.
Das ist schon ein sehr großer Verdienst, der in unserer eingeschlafenen Demokratie überfällig war. In meinen Augen hat es nur leider ein Projekt betroffen, von dem vielleicht am Ende doch nicht nur die „Oberen“ profitieren.
Erst heute kam zum Beispiel ein Bericht, dass die neue Messe 72% Zuwachs an Übernachtungen ect. nach Filderstadt gebracht hat. Filderstadt hat lange erbittert gegen den Messestandort gekämpft – heute nennt man sich selbst stolz Messestadt. Das sind doch tolle Entwicklungen und vielleicht ist nicht jedes Großprojekt grundsätzlich schlecht.
Es wäre schön, wenn man S21 auch wieder zum Bahnhof und Stadtprojekt reduzieren würde, vielleicht stellt man dann auch wieder mehr Gemeinsamkeiten fest…
Hallo Frau Hoss,
ich hoffe Sie nehmen es mir nicht übel, wenn ich Sie duze;) Irgendwie duze ich alle hier im Blog, weil ich es mag, wenn wir ein gutes Verhältnis zueinander haben. Was soll ich sagen, ich kann Ihnen gar nicht widersprechen, möchte ich auch gar nicht.
Die Differenzierung die sie schreiben ist einfach anders gelagert als bei mir persönlich. In meinem Freundeskreis ist niemand für das Projekt. Die Freundschaften existieren schon lange, dann kam eben Stuttgart 21 dazu und niemand wollte sich bereit erklären dafür zu sein. Das habe ich mir nicht ausgesucht. Wenn jemand in meinem Freundeskreis wäre, der für das Projekt ist würde ich ihm natürlich auch die Hand schütteln, keine Frage. Meine Ansicht im Artikel bezog sich auf Menschen, die ich überhaupt nicht kenne und denen ich die Hand reichen könnte;)
Wie oben im Artikel auch versucht darzustellen: natürlich pauschalisiere ich an vielen Stellen. Bestimmt existieren ihre genannten Fälle ebenso. Klar ist ein Villenbesitzer auch mal gegen Stuttgart 21 und ein Pfarrer dafür, oder oder oder.. Was ich versuchte war eine Tendenz aufzuzeigen, die ich einfach nicht übersehen wollte. Denn die Tendenz existiert aus meiner Sicht.
Beim Punkt gesellschaftsfreundliche Politik und pflichtbewusste Politiker sind wir glaube ich nicht weit auseinander in unseren Ansichten. Und ganz unter uns und das finde ich das Fatale an der Situation: es ist egal, wer letztendlich an der Macht sitzt. Solange Politik nicht im Sinne ihres Volkes arbeitet, solange wird es berechtigt Kritik geben. Und dagegen sollten Befürworter und Gegner gemeinsam vorgehen. Auf welche Art und Weise auch immer.
Hallo Floyd,
ich nehm das Du gern an, ist mir persönlich auch lieber :-)
Mir geht es nicht nur in meinem Freundeskreis so, ich habe über fb viele nette Menschen wegen dem Bahnprojekt kennengelernt und festgestellt, das der Bahnhof eben nicht immer dazwischen stehen muss.
Klar würde ich auch nicht unbedingt nem Fremden die Hand einfach so schütteln, das würd ich aber auch nicht machen, wenn ich mit nem Pro-Button unterwegs wäre und einen anderen (fremden) Befürworter treffe. Nicht jeder Mensch hat die gleiche Wellenlänge und den einen mag man den anderen nicht.
So würde ich gern manchem Gegner die Hand reichen, auch wenn wir uns persönlich noch nie begegnet sind, man aber durch Kommentare und Postings merkt wie der andere (zumindest ungefähr) tickt. Kennenlernen gehört dazu wenn man sich „näher kommt“, danach entscheide ich ob es passt oder nicht. Aber ich könnte es nicht an dieser einen Meinung (zum Bahnhof) festmachen.
Es gibt für mich wesentlichere Gründe, als eine Meinung zum Thema Bahnhof. So würde ein Schulterschluss zum Beispiel mit einem Rechtsextremisten (um mal ein krasses Beispiel zu nennen) bei mir niemals funktionieren, egal ob er der glühendste S21-Verehrer wäre oder nicht.
Und um die These der Bevölkerungsschichten mal etwas zu widerlegen: Schau einfach mal bei den Vierteln am Killesberg, in Sonnenberg, Degerloch ect., du wirst viele der „höher gelagerten Schicht“ finden, die gegen S21 sind. Ich kenne viele Befürworter, die sich ihr Brot mit harter Arbeit verdienen und trotzdem nur die Untergrenze zur Mittelschicht kratzen.
Aus meiner Sicht geht es eben „nur“ um einen Bahnhof, ich mag die Vorstellung, dass Stuttgart sich im Kern verändern kann. Über den Nutzen kann man streiten und sicher kann man sagen „wir brauchen das nicht“, aber man muss eingestehen, dass es vielleicht doch auch Menschen gibt, die diese Idee toll finden.
Ich mag die Bahn nicht und habe sie oft verwünscht, wenn ich im überfüllten Zug saß, das ändert aber nichts an meiner Einstellung zum Bahnhof. Egal welcher Bahnhof hier steht, die Bahn wird sich deshalb kaum ändern.
Ich weiß mittlerweile auch um den Filz und schamlose Geschäfte, aber auch dies genügt mir einfach nicht gegen S21 zu sein. Für mich ist es kein Statussymbol welches ich stürzen muss um aufzuzeigen, dass ich mit dem Politikstil nicht zufrieden bin.
Ich könnte verstehen, wenn die Regierung für SK2.2 (oder so) kämpft, den der Sinn ist schlüssig. Verkehrspolitisch ist es das Optimum, ob es günstiger, oder Kundenfreundlicher wäre kann ich nicht sagen, dafür müsste man es planen und die Pläne offenlegen.
Da ich aber leider keine Minutenreiterin bin (wie gesagt ich fahre ungern Bahn, und bevors jemand falsch auslegt, ich hab kein Auto…) interessieren mich auch keine Fahrzeitverkürzungen von 2 Minuten. Mir geht es ausschließlich um die Stadtentwicklung und ich denke wirklich, dass hier mit grüner Politik ein wunderbares Stadtviertel entstehen könnte.
Dies ist eigentlich der einzige Grund der mich zu 100% überzeugt und der die vielen Kleinigkeiten aus meinem Blickfeld schiebt.
Das Problem ist, dass S21 zum Statussymbol erhoben wurde, von dem her könnte ich es gut nachvollziehen, wenn es doch irgendwann auch von Seiten der Bahn heißt Kombi ist auch ne Lösung. Die Bahn will doch nur ihre schnellen Verbindungen und gute Anbindungen die ihr Geld bringen, nicht mehr und nicht weniger.
Meine Vermutung ist, dass man damals wirklich die Vision hatte Stuttgart neu zu erschließen und sicherlich auch durch die Ansiedlung größerer Anbieter (Einkaufscenter ect.) Mehreinnahmen zu erzielen. Ich glaube die wenigsten haben sich damals Gedanken darüber gemacht, dass jemand ihre Vision nicht gut findet, nur so erklärt sich mir das Informationsloch über Jahre.
Ich habe keine Ahnung wie man aus diesem Statussymbol wieder ein Bahnprojekt machen will. Die Situation ist wirklich ernst, denn ein Weiterbau schürt unweigerlich immer mehr das Denken „die machen doch was sie wollen, alles Filz usw.“. Auch nach einem VE steht dieses Mahnmal im Raum. Die Regierung kannte das Quorum schon vor der Wahl und das die CDU jetzt nicht kippt und sagt wir senken es mit euch ist eigentlich von vorn herein klar gewesen.
Deshalb finde ich es auch schlimm, dass weiterhin suggeriert wird S21 sei SO zu stoppen.
Ich habe soviele wirklich relevante Dinge gelesen und ich frage mich schon, warum es einer Regierung bei solchen Anschuldigungen gegen die Bauherren, Planer usw. nicht möglich ist etwas zu unternehmen.
Wenn es wirklich nichtige Verträge sind z.B. dann prüfe ich es. Die Anschuldigungen gibt es ja nicht erst seit heute, immer wieder flammt es auf und trotzdem handelt niemand.
Wenn es wirklich zu riskant ist wegen den Mineralquellen, den Luftschneißen, den Stützpfeilern vom Bahnhof…, dann kann es doch nicht wirklich angehen, dass man keine Möglichkeit findet S21 zu stoppen.
Das ist es was mich misstrauisch macht, kann man diesen Behauptungen glauben, oder ist es doch mehr Panikmache als dahintersteckt? Das fragt man sich, wenn man es aus der anderen Perspektive sieht.
Und von dem her bin ich eigentlich ganz froh, dass es für mich nur um einen Bahnhof geht und nicht um ein Symbol für Protz und Geldverschwendung. Ich denke es ist schwerer zu verkraften, dass S21 gebaut wird und somit der Widerstand keinen Erfolg hatte. Aber genau das ist eigentlich der Denkfehler, der Widerstand hat sehr viel erreicht und das kann man ihm auch zugestehen, auch wenn S21 kommt…
Danke, dass du nochmal die Sicht einer Befürworterin geschrieben hast. Glaube mir, auch sehr viele Gegner stellen sich ähnliche Fragen. Da trifft dann vielleicht der alte Wählerspruch zu, dass Ziel sein muss das kleinste Übel zu wählen. Und das erschien den meisten Gegnern wahrscheinlich Grün. Das genau ist aber die Krux an Wahlen. Das kleinste Übel. Ich zweifle nicht mal an, dass alle Verträge hieb und stichfest sind. Das können sie sein. Die Frage ist nur, wer wann was wusste. Das erscheint doch in einem recht komischen Licht finde ich. Wer wusste wann von welchen Kosten und hat daraufhin zugestimmt. ABER: wir werden das niemals erfahren. Wenn man nach Spanien möchte und unabsichtlich 300 Kilometer in die falsche Richtung gefahren ist macht es nicht zwingend Sinn die Richtung beizubehalten. Mich ärgert es zum Beispiel, dass eine Kombilösung nicht mal geprüft wird. Klar, dieses Modell wurde ja bereits zu Beginn abgelehnt. Aber warum? Wenn es doch laut Gutachter SMA 3x leistungsfähiger ist? Finde ich persönlich sehr seltsam.
Klar, dann kommt die von dir schon genannte Stadtentwicklung ins Spiel. Natürlich geht es um die Flächen. Alles andere wäre Unfug aus meiner Sicht. Die Frage ist, was uns da erwarten wird? Wenn man sich die Entwicklung des letzten Jahrzehnts ansieht, dann schwant mir persönlich nichts Gutes. ECE steht ja schon fest, egal ob mit oder ohne Bahnhof. Jetzt kann ich natürlich erneut nur subjektiv sagen: mir gefallen diese ganzen „Shopping Malls“ nicht. Wieviele haben wir nach Fertigstellung des ECE dann in der Innenstadt? Mich nervt es schon jetzt, dass wir kaum noch kleine Läden vorzuweisen haben. Ein anderer wichtiger Punkt für mich: wenn schon diese ganzen Einkaufszentren, wieso dann mit 1800 Parkplätzen? Das heisst einmal mehr, dass noch mehr Autos in die Innenstadt kommen werden. Da hätte ich mir etwas viel fortschrittlicheres gewünscht. Ohne Parkplätze. Man hat doch dann tolle Bahnverbindungen. Diese sollte man doch auch nutzen. Na ja, die Luftwerte in der Stuttgarter Innenstadt sind ja allseits bekannt.
Anderes Thema: Ich würde dich als sehr gemässigte Befürworterin bezeichnen. Kann alles bestens tolerieren, was du schreibst. Fast wäre ich geneigt zu sagen, dass du anfangs gegen den Bahnhof warst;)
Wenn du wüßtest wie nahe du ins Schwarze getroffen hast mit deiner letzten Vermutung…
Die wenigsten glauben mir, wenn sie erfahren, dass es genau so ist wie du es geschrieben hast.
Was mir allerdings zum „Verhängnis“ wurde sind meine kritischen Fragen gewesen.
Ich schau gern dahinter. Durch diese Fragen wurde ich aber auch schnell, sagen wir unbeliebt. Ich bekam keine Antworten und fragte auch auf der Befürworterseite.
Hier gab es Antworten auf die Fragen und es gab Leute, die ernsthaft mit mir diskutierten und sich auf die Fragen einliesen, auch wenn sie vielleicht manchmal naiv klangen.
Ich bin von Grund auf neugierig und es macht mir auch nichts aus Fehler einzugestehen. Mein Fehler war es mich von meinen Gefühlen leiten zu lassen, denn auch ich sah im Vordergrund eigentlich nur das was die meisten Gegner auch heute in S21 sehen – ein Beispiel für Protz und Geld, auch ich würde gern mehr Gelder in Bildung ect. sehen.
Genau das habe ich in meinen Diskussionen abgestellt und ich habe es nach und nach auf das reduziert was es ist – ein Bauprojekt, nicht mehr und nicht weniger. Ich habe mir die Vorwürfe wegen der Machbarkeit, der Gefahren eben allem was man so hört durch den Kopf gehen lassen, habe versucht mich zu informieren (überall undnicht nur einseitig). Ebenso habe ich mir die Visionen der Befürworter angeschaut, versucht zu verstehen warum sie für den Bahnhof sind. Und es mag vielleicht blöd klingen, vielleicht bin ich auch nur an Menschen geraten bei meinen Diskussionen, die mit Herz und Menschlichkeit für S21 einstanden, dies hat meine Sichtweise verändert.
Und vielleicht glaube ich zu sehr an das Gute im Menschen, aber ich denke wirklich S21 kann eine Chance für Stuttgart sein etwas wesentliches zu verändern. Dafür bedürfte es aber der Hilfe von Menschen, Menschen denen es um die Stadt geht, nicht unbedingt Systemgegner, denn man könnte noch vieles bewegen, wenn es um die freiwerdende Fläche geht.
Die Verweigerungstaktik der S21-Gegner könnte im Umkehrschluss bedeuten (vorausgesetzt S21 wird gebaut), dass das neue Viertel am Ende eben doch nicht so bürgerfreundlich ist wie es sein könnte. Wenn nur ein Teil der Bewegung sich auch für solche Dinge massiv einsetzen würde, dann könnte Stuttgart wirklich in die Geschichte eingehen…
Das ist meine Vision, vielleicht etwas zu überschwenglich, aber dennoch machbar.
Der Kombi wurde aus meiner Sicht damals und auch heute abgelehnt, weil die Möglichkeit der Stadtentwicklung in dem Ausmass nicht möglich ist. Die Relation auf Jahrzehnte gesehen ist imens. Der Kombibahnhof kommt letztlich der Bahn und Bahnfahrern zugute, wobei ich das bei den Reisenden einschränken muss, denn würde wirklich der Fernverkehr unten und der Regio oben verlaufen, dann ist das mit dem barrierefreien Umstieg auch schwieriger als Tief oder Kopf.
Die Stadt wird weiter wachsen und braucht Platz. Ich bin auch nur zugezogen und ich habe gute Gründe dafür. Stuttgart bietet Lebenskomfort für mich, Arbeit, Wohnraum und Natur. Das gibt es in Deutschland nicht überall als Kombination. Deshalb kann ich gut nachvollziehen, wenn Stuttgart auch in Zukunft Menschen anziehen wird und das nicht nur als Besucher.
Aber Stuttgart hat wenig Platz, das mag an der bisherigen Bebauung und Nutzung liegen, wie auch an der Straßenführung, ich glaub mit einer Untertunnelung der B14 könnten fast alle leben…
Also entweder man krempelt die ganze Stadt um, oder bebaut die Randgebiete noch stärker, oderman schafft mitten in der Stadt Platz. Platz der bisher nur der Bahn zugute kommt.
Und genau dies ist in meinen Augen der Grund warum NUR S21 wirklich eine Chance hatte und hat.
Auch die Aussage S21 ist nicht erweiterbar stimmt letztlich nur begrenzt. Denn wenn man noch weiter denkt, dann könnte man auch außerhalb Durchbindungen schaffen und muss nicht alles durch Stuttgart anbinden.
Es geht doch stetig weiter, auch wenn S21 kommt :-)
Lange Antworten sind unsere Spezialität;) Im ernst, leider bist du nicht auf den Punkt mit den „Malls“ eingegangen. Was mir an Stuttgart fehlt ist ein gesamtheitlicher Plan für den Städtebau. Ich kann dir z.B.aus der Agenturszene sagen. Die anderen Städte belächeln uns. Stuttgart? Ha ha. Man könnte sich doch auch wirklich mal an anderen Städten ein Beispiel nehmen. Aber nein, in Stuttgart muss alles in die Innenstadt.
Zu deiner Beruhigung, es gibt einige der Projektgegner, die sich an der Entwicklung des Rosensteinviertels beteiligen. Ich selbst habe mir zwei der vorbereitenden Treffen via Stream angeschaut und muss sagen, dass es wohl nichts für mich ist. Warum? Weil es sehr viel mit der Personalie Baubürgermeister Hahn zu tun hat. Putte hatte da mal ein nettes Interview mit ihm. Es hat eben alles seine Ordnung und seinen Ablauf. Da kann man nicht einfach darüber hinweggehen.
A1 ist ziemlich klar was da passieren wird. Toplage. Rosensteinviertel ist angeblich noch offen. Bei einigen Rosensteinveranstaltungen wurde aber schon am Verhalten der Beteiligten klar, dass man es dann doch lieber nicht ganz so frei wie z.B. Amsterdam möchte. Letztendlich sind wir alle Teil eines langen Umbruchsprozesses. Und es fällt einfach verdammt schwer, ständig am Ball zu bleiben, sich zu engagieren, und 1.000 mal die gleiche Diskussionen führen zu müssen.
Man muss den Bahnhof aus meiner Sicht von der Stadtentwicklung trennen, um sich selbst ein Bild machen zu können. Ich denke schon, dass in der Schlichtung und auch bei der Vorstellung des Stresstests in Sachen Bahnhof einige nicht unerhebliche Defizite aufgezeigt wurden. Jetzt muss man sich fragen: ist ein „durchschnittlicher Bahnhof akzeptabel, weil man nur so an die Fläche darüber kommt?“ Am meisten stören mich übrigens Wörter wie unumkehrbar, politisch durch alle Instanzen legitimiert, etc. Im Kleinen vergleiche ich das immer so: du setzt dich in ein Auto und möchtest nach Spanien. Dann fährst du 500 Kilometer in die falsche Richtung. Ist es jetzt besser umzudrehen oder einfach weiter zu fahren. Denn irgendwann muss man doch nach Spanien kommen, oder?“ Genau so sehe ich das mit den Kosten. Es gibt einen Lenkungskreis. Wieso stellen sich die Verantwortlichen von Bahn und Politik hin und erzählen den Bürgern, was heute Thema war und was beschlossen wurde? Das wäre transparent, die Bürger hätten nicht das Gefühl, dass es Unwahrheiten gibt. Und die übrigens sicherlich auf beiden Seiten. Ein aufgeklärter Bürger muss eben aufgeklärt werden.
Ich muss bei „Stuttgart hat zu wenig Platz“ einmal nachhaken: stimmt das wirklich? Rund um die Innenstadt werden Quartiere „umgekrempelt“ (Gerberviertel, Bülowcaree, Postquartier, nicht zu vergessen die Riesenbaustelle am Killesberg; die Immobilienfirma Häussler ging über ihr Seeparkprojekt in Möhringen pleite, weil sie die zahlreichen Wohnungen nicht verkauft kriegte. All dies zeigt doch, dass Entwicklungspotential auch seither vorhanden ist) – da frage ich mich schon, ob überhaupt so ein riesiger Bedarf nach noch mehr Büros, Läden, Wohnungen besteht. Die Bevölkerung in Deutschland schrumpft, wieso muss Stuttgart da zahlenmäßig zwangsläufig wachsen? Letztendich geht es doch nur um Verlagerungen aus anderen Regionen oder aus dem Umland in die Innenstadt.
Bezgl. der Zugdurchbindungen „ausserhalb“ – diese bedürften ja wohl auch neuer Strecken, haben also mit dem Bahnknoten in Stuttgart eigentlich gar nichts zu tun.
Also wenn du nach Spanien willst und nach 500 km feststellst, dass du in die falsche Richtung gefahren bist, brauchst du nur noch ungefähr 40000km weiter fahren und kommst auch nach Spanien. Vorausgesetzt, Kosten und Zeit spielen keine Rolle.
Das mit dem Plan für Stuttgart, da stimme ich voll und ganz zu. Ohne einen Plan geht nicht viel.
Das alles in die Innenstadt kommt liegt sicherlich nicht zuletzt an der Lage, ob dies richtig ist, ist eine andere Frage. Wenn es nach mir ginge könnten viele der leerstehenden Bürogebäude umfunktioniert werden. Es geht auch weniger darum, dass ich sage ruhig noch mehr davon in die Stadt.
Zu den Malls, hier bin ich wirklich zwiespältig, denn meiner Meinung nach regelt auch die Nachfrage in solchen Dingen das Angebot. Viele Menschen nutzen das Angebot an einem Ort alles kaufen zu können.
So hat man in Stgt.-Vaih. damals auch viele Bedenken gegen das Schwabencenter gehabt, viele kleinere Läden hatten Existenzängste. Schaut man heute Jahre nach dem Bau mal genauer hin, so wird man feststellen, dass viele der kleineren Läden weiterhin laufen und wie überall der eine Laden schließt, der nächste öffnet.
Letztlich ist so eine Mall ja auch eine Platzersparnis, denn viele Läden stecken in so einem Bau. Würde man ihnen jeweils einen Laden irgendwo zuweisen wäre der Platzverbrauch enorm höher, oder das Angebot wäre nicht da, da so mancher Anbieter diesen Standort mangels Kundschaft nicht nutzen würde.
Durch die Vielzahl von Angeboten werden effektiv mehr Menschen angezogen und die Läden profitieren gegenseitig voneinander. All dies kann man gut beobachten und in fast jeder Mall in einer Großstadt ist es so.
Das es auch Läden gibt die sich nicht halten können muss nicht immer zwangsweise an der Mall liegen, es gibt viele andere Gründe in der heutigen schnelllebigen Zeit.
Ob ich diese Mall mitten in der Stadt brauche ist allerdings eine andere Frage, dies entscheide ich selbst und jeder andere auch, die Nachfrage wird es zeigen. Und glaub mir kein Anbieter setzt auf einen Standort der nicht gewinnbringend ist…
Zur Trennung Bahnhof und Stadtentwicklung: Für mich kann man es nicht trennen, da hier nicht nur ein Nutzen für die Bahn und Bahnkunden entsteht, sondern wesentlich mehr was in die Stadtentwicklung eingreift.
Würde man es trennen, dann gäbe es für mich nur die Lösung des Kombibahnhofes. Hier können wesentlich mehr Züge abgewickelt werden als bei S21. Vielleicht wäre sogar durch den Rückbau der oberirdischen Gleisanlagen so manche neue Verbindung vom Norden zum Osten der Stadt möglich.
Es ist ein verkehrspolitisches Optimum, es profitieren Bahn und Bahnkunden. Dann aber hätte ich kein Verständnis für eine Beteiligung von der Stadt an der Finanzierung.
Was dazu kommt sind die Risiken von S21. Man kann es wegreden, aber wenn man von den Risiken bei S21 überzeugt ist und sich hier nicht durchringen kann zuzugestehen, dass der Bau letztlich doch möglich ist (auch mit den Risiken), dann geht auch Kombi nicht.
Hier ist in meinen Augen die Politik gefragt, warum erklärt sie sich denn nicht? Warum zeigt sie die Vorteile und den Sinn des Kombibahnhofes nicht klar auf? Wenn sie denn lieber auf verkehrspolitische als auf städtebauliche Entwicklung setzt, dann muss sie es formulieren.
Bisher fordert die Regierung immer wieder die Projektpartner auf sich zu erklären, warum macht sie es nicht selbst?
Auch die Grünen haben damals gegen die Kombilösung gestimmt, warum sagt man heute nicht offen warum man es damals so gesehen hat? Bisher höre ich von all dem sehr wenig, was mich mal wieder stutzig macht.
Und zu der Aussage die Bevölkerung schrumpft von Stefan: eigentlich hast du es schon selbst gesagt, die Bevölkerung mag schrumpfen, aber es gibt in Zukunft eine Verlagerung der Menschen vom Land in die Stadt, also werden die Städte wachsen, besonders die in denen es wirtschaftlich gut läuft. Der Standard ist gehoben, was nicht überall normal ist…
Ergo braucht man mehr Wohnraum, mehr Platz für Arbeitsplätze und mehr Lebensraum in der Stadt.
Sieht man es global, dann wächst die Bevölkerung, die Grenzen öffnen sich…, wohin zieht es die Menschen? Zum Geld, das war schon immer so und wird auch weiterhin so sein.
Sogesehen ist es eine Entscheidung für die Zukunft, nicht unbedingt die nahe Zukunft, also unsere, sondern eine für unsere Kinder und deren Kinder.
Damit sollte sich die Regierung auseinandersetzen und es klar aussprechen. Worum geht es ihnen? Es kann nicht sein, dass es nur um ein Prestigeprojekt geht. Soetwas geht garnicht…
Große Visionen rufen zunächst immer einmal Meckerer und Bedenkenträger auf die Bühne. Das war sicherlich schon zu Zeiten von Stonehenge so. Und genauso oft laufen Planungen (Knickpyramide in Ägypten) und Kosten (Brooklyn Bridge, Kölner Dom) aus dem Ruder.
S21 ist neben dem Widerstand gegen das Atommüll-Endlager in Gorleben am medienwirksamsten zu vermarkten, sonst würden wir hier im Norden kaum etwas davon mitbekommen. Und erst als die Polizei die Kinder von den Bäumen geschüttelt hat und ein Herr Sittler talkshowmäßig eingegriffen hat, kam S21 in der gesamten Bunderepublik an.
Bei der Schlichtung durch Herrn Geissler, der m.M.n. auch schon langsam ein bisschen tüddelt, hätte klar erkennbar herauskommen müssen:
1. Der Bahnhof muss zu einem Festpreis gebaut werden – siehe Elbphilharmonie
2. ECE mit seinen Knebelverträgen raus – die haben ausreichend Einkaufszentren in Deutschland
3. Ein vollständiges Konzept für die oberirdische Nutzung – Bei Google-Maps kann man sehr schön sehen wieviel Platz man für Stuttgart gewinnen könnte.
Aber Ihr Stuttgarter seid nicht allein. Überall in Deutschland versuchen die Bürger in vielfältiger Weise sich gegen solche Großprojekte zu wehren. Sie gründen neue Parteien, gehen vor Gericht oder formieren sich zu Bürgerinitiativen.
Schwierig wird es nur, wenn es Leute gibt, die eine Sache rundherum angesehen haben und dann erst beurteilen. Wer versucht auszugleichen, wird oft niedergeschrieen.