Liebe Eltern: Liebe Liebe Liebe

Floyd 3 Kommentare Menschenskinder

Zur Zeit lese ich das Buch „Grenzen, Nähe und Respekt – Auf dem Weg zur kompetenten Eltern-Kind-Beziehung“ von Jesper Juul. Nein, ich stecke in keiner Krise, ausser der, die alle anderen Eltern auch kennen. Verhalte ich mich richtig? (der Fehler liegt aus meiner Sicht hierbei bereits in der Frage) Natürlich machen wir alle Fehler, nicht nur in der Erziehung.

Jesper Juul gibt da zwar nette Tipps, die aus meiner Perspektive an einem „normalen“ Tag teilweise nur sehr schwer umsetzbar sind. Das beste Beispiel: Kind 2 ist bekennend willensstark. Der Wille sieht aber, wer hätte es gedacht, meist anders aus, als sich das Erwachsene gerne wünschen würden.

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Als Beispiel sei der morgendliche Gang ins Badezimmer erwähnt. Wenn Kind 2 mit dem Zähne putzen an der Reihe ist, dann liegt es meist vor dem Badezimmer und sagt einfach nur „Nein“. Gut, wir stecken in einem Interessenskonflikt. Mir ist durchaus bewusst, dass Kind 2 das nicht macht, um mich persönlich zu ärgern, zumindest noch nicht. Nein, der Kinderkopf ist mit so vielen anderen Dingen beschäftigt, dass Zähneputzen da eben nicht in den gewünschten Ablauf passt. In solchen Situationen (unter Zeitdruck) rutschen einem Sätze wie „Wenn du keine Zähne putzt, dann bekommst du Löcher in den Zähnen“ oder aber „Wenn du jetzt keine Zähne putzt, dann kannst du nicht in den Kindergarten gehen“ heraus.

Man will es nicht, man ist sich durchaus bewusst, dass solche „Wenn, dann…“ Sätze nichts bringen, ausser dass das Kind irgendwann später vielleicht zu einer adaptierten Persönlichkeit wird. Einer Persönlichkeit, die dann eventuell nicht mehr Ich schweife ab. Jesper Juul stellt die steile These auf, dass man solche Konflikte durch Zeit lösen kann. Das stimmt natürlich. Kind 2 weiss sehr wohl um das tägliche Ritual des Zähneputzens. Natürlich funktioniert das alles bestens, wenn man am Wochenende entspannt 5-10 Minuten im Bad sitzt und wartet, bis Kind 2 Zähne putzen möchte.

Verblüffend daran finde ich viel mehr, dass Kinder Zeit ebenso wahrnehmen, wie Erwachsene. Ok, vielleicht nicht ganz, aber wer kennt nicht Situationen, in denen zum Beispiel Ruhe über längere Zeit hinweg ein unangenehmes Gefühl erzeugt. Man trifft einen alten Freund wieder, verabredet sich und merkt, dass Zeit ein ganz fieser Hampelmann sein kann. Spätestens dann, wenn die Unterhaltung stockt und man sich nichts zu sagen hat.

Das ist wieder ein toller Sprungartikel, bei dem ich von einem zum anderen Thema springe. Shit. Egal. Was ich aus dem Buch jedenfalls mitnehmen kann: Kinder machen Dinge nicht, um uns Erwachsene damit irre zu machen. Sie werden uns immer lieben. Und das ist für mich die größte Verantwortung, die ich mir vorstellen kann. In meinem Kopf frage ich mich vielleicht „Für was sollen meine Kinder mich denn lieben?“ Dafür, dass ich meine Haare nicht färbe, obwohl da schon ein paar graue Strähnen zu sehen sind? Dafür, dass ich meine Meinung sage?

Um es abzukürzen, Kinder lieben ihre Eltern dafür, dass diese versuchen das Beste aus sich herauszuholen. Und ganz ehrlich, aber psssst: noch nie haben mich Menschen so an meine Grenzen gebracht (oder auf die Palme), wie Kind 1 und 2. Und dafür liebe ich sie. Das führt dazu, dass sie es mir ermöglichen, an mir selbst zu wachsen.

Liebe Mütter und Übermütter und Väter und Überväter: dieses Video hier ist zwar sehr gestellt und geschnitten, aber es drückt doch aus, wie verschoben die Welten von Erwachsenen und Kindern sind. Wir Erwachsene hinterfragen alles, wollen vieles noch besser und besser machen, während die Kinder einfach nur sagen: Ich liebe meine Mutter. Punkt.


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