Der 1938 gegründete Kelter Verlag verfügt über ein unglaublich breites Zeitschriften-Sortiment. Übereinstimmend beginnen fast alle „Erlebnismagazine“ des Verlags mit „Mein/e“. Scheiß doch auf den Rest der Welt: Mein Erlebnis, Mein Vertrauen, Meine Lebenslüge,… Als Titelbild eine junge Frau und daneben reißerische Kategorien und Überschriften, die potentielle Leser neugierig werden lassen. Sollen. Eine Art Clickbaiting der analogen Welt.
DMeine Schuld
Emanzipierte Frauen abonnieren „Meine Schuld“, in der andere Frauen vermeintlich schonunglsos und indiskret über ihren Alltag berichten. Denn Schuld sind alle Frauen. Irgendwie. Frauen denken sehr oft, dass alles ihre Schuld ist. Alles. Und das für 2 Euro. Günstiger geht das kaum. Die geneigte Leserin ersteht ihre Ausgabe an der Tankstelle. Direkt neben den Schmuddelheftchen. Alltagsporno. Stimmt schon. Wobei, eigentlich geht es um die Reste, die der Sex zurücklässt, nämlich uns Menschen. Um die Reste, aus deren Gehirnen so ein „Erlebnismagazin“ entspringt und um die Reste, die das konsumieren. Und die muss es geben. Sonst wären die Frauen ja nicht mehr da würde es das Heft nicht mehr geben.
In der August-Ausgabe erzählen Frauen vom Nervenkitzel, von Verzweiflung und der großen Kocherei mit und rund um die Kartoffel. Die Welt der Frauen aus der Ich-Perspektive verschiedener Frauen: scheiße, muss wieder Kartoffeln für den Mann kochen, der nach einem anstrengenden Arbeitstag hungrig und in Strapsen wartend am Esstisch sitzt. Krass. Der Verlag beschreibt sein Aushängeschild so:
Frauen gewähren Einblick in ihr wahres Leben, erzählen von großen Hoffnungen und bitteren Enttäuschungen. Ob Liebesglück oder Familiendrama, erotische Erfahrungen oder existenzielle Probleme: hier erfahren die Leser alles!
Und irgendwie frage ich mich, ob das alles meine Schuld ist. Ist es meine Schuld, dass für so etwas Bäume sterben müssen? Ist es meine Schuld, dass ich von dieser weiblichen Realität noch nichts wusste? Ist es meine Schuld, dass niemand darüber redet?
Ich werde dann mal eine Petition starten. Demnächst mehr. Oder weniger acheter cialis. Aber auf jeden Fall: Meine Schuld. Sorry.